Freitag, 5. Februar 2016

Gefahr erleben lassen


Wir tendieren dazu, Kinder von allen Gefahren fernzuhalten, statt sie darauf vorzubereiten. Dabei ist es doch gerade der Job von uns Eltern, Kindern den Umgang mit gefährlichen Dingen und Situation beizubringen. 

Nehmen wir das Feuer als Beispiel. Jedes Kind weiss, dass Feuer gefährlich ist. Weiss es das wirklich? - Nein, weil es die Gefahr nie erlebt hat. Es kennt das Feuer nur von der Kerze, dem Ofen oder dem Cheminée. Dort ist das Feuer "eingesperrt" wie ein wildes Tier: Irgendwie gefährlich, aber gezähmt. Das Kind kann sich aber nicht vorstellen, was passiert, wenn das Feuer nicht mehr eingesperrt ist.

Die Gefahr beherrschen
Seit Junior während der Adventszeit im Kindergarten eine Kerze anzünden durfte, übten Streichhölzer eine gewaltige Faszination auf ihn aus. Er musste sich fühlen wie seinerzeit ein Höhlenbewohner: Er beherrschte das Feuer.
Nun ist es natürlich noch kleines Feuerchen, das er beherrschte, und er ahnte nicht, wie schnell aus dem kleinen, beherrschbaren Flämmchen ein Feuer entstehen kann, das auch eine gut trainierte Feuerwehr nur mit Not unter Kontrolle bringt. So wollte er nun fast täglich ein Streichholz anzünden und die Flamme der Kerze in seinem selber gebastelten Windlicht übergeben. Die wichtigste Regel: Die Streichholzschachtel wird erst berührt, wenn Papa daneben steht. 

Gefahr erleben
Am letzten Sonntag passierte, was einmal passieren musste: Junior fuhr mit dem Streichholz routiniert über die Reibfläche, das Hölzchen entzündete sich, brach dabei aber entzwei und die brennende Hälfte fiel auf das Tischset. Nachdem ich die Flamme sofort ausgepustet hatte, starrten wir auf den kleinen, aber unübersehbaren Brandfleck. Junior zitterte und legte die Streichholzschachtel wortlos auf den Tisch.
Seit diesem Moment ist Feuer für Junior nicht mehr nur cool, es ist auch gefährlich. Er hat eine Schrecksekunde erlebt, als er das Feuer plötzlich nicht mehr unter Kontrolle hatte. Er realisierte, dass es übel hätte ausgegangen können, wenn Papi nicht richtig reagiert hätte. Er hat die Gefahr erlebt, statt nur immer davon zu hören. Aber er hat auch erlebt, dass er von Papi beschützt wurde, es ist (fast) nichts passiert.

Junior hat in den vergangenen vier Tagen kein Streichholz mehr angefasst, obwohl ich ihm angeboten habe, die Kerze in seinem Windlicht anzuzünden. Irgendwann wird er den Mut wieder haben, aber dann kennt er die Gefahr nicht nur vom Hörensagen.