Freitag, 13. September 2013

Jennifer

Bild: © pixelpart / pixelio.de
Kinder können uns bisweilen alt aussehen lassen. Sie zeigen uns schon in jungen Jahren, welch veralteten Denkweisen wir mit uns herumtragen. - Obwohl wir von uns selber ja immer denken, dass wir modern und junggeblieben sind.

Mein Sohn (5½) besucht den Kindergarten. Nach den Sommerferien sind neue ("kleine") Schüler dazugekommen, darunter Jennifer. Sohnemann hat schon viel von ihr erzählt. Die beiden mögen sich offenbar, und sie spielen oft zusammen. 


Situation: Frühstück, er und ich schmieren Brote.
  • Ich: Ich habe am Elternabend gestern die Mama von Jennifer kennen gelernt.
  • Er: Die Mama trägt immer so schöne Kleider. So fröhlich und bunt. Gestern auch?
  • Ich: Ja, ein langes, buntes Kleid und ein passendes, buntes Kopftuch. Du hast mir gar nicht erzählt, dass Jennifer schwarz ist.
  • Er: Ich wusste nicht, dass das für dich wichtig ist.
Ich erschrak. Schlagartig wurde mir bewusst, welche alten Vorstellungen ich mit mir herumtrage. Als Kind hatte ich auch ausländische Spielkamaraden, und ich hatte viel von ihnen gelernt.

Später lernte ich auf meinen Reisen Menschen aus aller Welt kennen und verbringe heute kaum ein Arbeitstag, an dem ich nicht mindestens ein Mal in einer Fremdsprache telefoniere. Ich dachte immer, ich sei ein weltoffener Mensch, der nicht darauf achtet, woher jemand kommt.


Und heute spreche ich meinen Sohn auf die Hautfarbe seiner Mitschülerin an. Nicht darauf, was er besonders mag an ihr, sondern auf ihre Hautfarbe. 


Und ich bin froh, dass er sich seine Spielkamaraden nicht nach Geschlecht, Religion oder Hautfarbe aussucht.


Und ich hoffe, dass er sich jetzt nicht überlegt, ob die Hautfarbe nicht doch wichtig ist.


Ich dummer, alter Esel.